Hagar
Eine Frau von Gott gesehen, Mutter der Arabischen Völker
Nach muslimischer Tradition beginnt die Geschichte von Hagar nicht in 1. Mose 16, sondern schon in Kapitel 12. Abram und Sarai kommen auf Grund einer Hungersnot nach Ägypten – hier hat Abram die verrückte Idee, Sarai als seine Schwester auszugeben, um sich selbst zu schützen. Nun ruft der Ägyptische König sie zu sich, man kann sich vorstellen wozu. Später findet er heraus, dass Sarai verheiratet ist, er ist stinksauer und sagt Abram die Meinung. Aber – was in der hebräischen Bibel nicht erzählt wird, aber zur muslimischen Legende Hagars gehört: Er gibt Sarai zur Entschuldigung seine Tochter Hagar, eine Ägyptische Prinzessin, zur Magd!
In Kapitel 16 beginnt dann unsere Geschichte. Sarai, die scheinbar unfruchtbar ist, will Gottes Versprechen nachhelfen und schlägt vor, Hagar als eine Art antiker „Leihmutter“ zu verwenden. Sie schickt sie zu Abram ins Bett, damit sie als Sklavin Sarai einen Sohn gebiert.
Nachdem Hagar schwanger ist, wird sie stolz. Mutterschaft ist in der orientalischen Gesellschaft etwas, was Frauen auszeichnet.
Ich selbst wurde in meinen Jahren in Zentralasien oft extrem bedrängt, dass ich doch heiraten und Kinder bekommen müsse! Keine Kinder zu haben, ist eine Schande. Auch wenn diese Schwangerschaft erzwungen war, jetzt da sie schwanger war, war es für Hagar ein Prestige, dass ihrer Herrin versagt war. Sarai wird sauer und bittet Abram, sie zu bestrafen, doch der sagt einfach nur – sie ist deine Magd! Also drangsaliert Sarai solange Hagar, bis diese flieht.
Alleine, schwanger in die Wüste zu fliehen, ist keine gute Idee. Ihre Überlebenschance war minimal. Dort in der Wüste findet Gott sie in der Gestalt des „Engels des Herrn“.
Er fragt sie „Wo kommst du her? Wo gehst Du hin“? Hagar erzählt ihre Geschichte, die Unterdrückung durch Sarai … ihre Flucht. Der Engel bestätigt ihr, sie sei schwanger mit Abrams Sohn. Er sagt ihr, das Kind soll Ismael (Gott hört) heißen und verheißt ihm einen starken, streitwilligen Character. Dann schickt der Engel Hagar zurück zu Sarai und Abram.
Nach dieser Begegnung sagt Hagar zu und über Gott: „Du bist ein Gott der mich sieht,“ der Satz der diesjährigen Jahreslosung. Sie hat eine direkte persönliche Gotteserfahrung. Sie wurde gesehen, wahrgenommen, und ihr wurde Hoffnung für die Zukunft gegeben. Sie begegnet Gott, der nicht blind ist für unsere Schicksale, und nicht taub für unsere Fragen, einem Gott, der hört (Ismael) und der sie sieht (El-Roi).
Das nächste Mal begegnen wir Hagar im Kapitel 21 – jetzt ist Ismael ein Teenager, und Sarah (sie und Abraham haben inzwischen neue Namen von Gott bekommen) hat nach langem Warten doch noch einen Sohn geboren. Wieder gibt es Streit unter den Frauen. Diesmal stimmt Gott, Sarahs Plan, Hagar und den Jungen wegzuschicken, zu. Abraham macht das sehr traurig. Doch Gott verspricht ihm, auch Ismael wird ein großes Volk sein, der Segen der auf Dir liegt wird auch ihm zuteil.
Wieder zieht Hagar los in die Wüste, wieder waren sie und ihr Sohn dem Verdursten nahe, als Gott ein zweites Mal einschreitet. Dieses Mal sagt Gott „Ich habe das Weinen des Jungen gehört“, und er öffnet ihr die Augen für eine Wasserquelle vor ihnen. Nach einer weiteren Zusage Gottes, dass Ismael ein großes Volk werden wird, füllen sie ihre Schläuche und lassen sich in der Wüste Para (in der Negev) nieder.
Die Araber und arabischen Völker verstehen sich als das große Volk, das aus Ismael und seinen Nachkommen hervorgeht, wie die Israeliten sich als Nachkommen Abrahams sehen und ein semitisches Volk sind. Hebräisch und Arabisch sind sich in den Sprachen nicht unähnlich.
Die Quelle, die Hagar und Ismael das Leben rettet, verehren Muslime aus der ganzen Welt noch heute als heilend. Die Reise dorthin, ein Nachempfinden von Hagars Weg in der Wüste, und das Abfüllen oder Kaufen von Wasser der „ZamZam“ Quelle, ist ein wichtiger Bestandteil der Hadj Pilgerreise nach Mekka.
Andrea Vogt